Aussortiert Foto ©JethroT - stock.adobe.com
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„Mich können sich nur Eltern leisten, die genug Geld haben – leider ist das noch so“, sagt Sabine Omarow, Expertin gegen Lese- und Rechenschwächen bei Kindern. Sabine Omaraow hat im Frühjahr 2019 ihren zweiten Online-Kongress „Lese- Rechtschreibschwäche (LSR)“ durchgeführt. „Die Beteiligung war mäßig, ich hatte rund 230 Registrierungen, aber immerhin war eine ganze Schule dabei“. Darauf sei sie besonders stolz, denn das beweise die Wichtigkeit des Themas.

Wenn die Eltern nicht an ihr Kind glauben, wie sollen sie lernen, an sich selbst zu glauben?

LSR ist ein sensibles Thema, das mit keiner beliebig replizierbaren Holzhammermethode lösbar ist. „Jedes Kind braucht eine individuelle Lösung“, weiß Omarow aus ihrer 20 jährigen Erfahrung. „Das Wichtigste ist, dass die Kinder weder faul noch dumm sind. Wenn man mit ihnen ganz individuell die Grundlagen wieder aufarbeitet, werden sie ihre Schwächen überwinden.“

Omarow glaubt an ihre Schülerinnen und Schüler, vertaut darauf, dass sie es schaffen. Und genau dieses Vertrauen ist der Same, der alles wachsen lässt. „Wenn die Eltern nicht an ihr Kind glauben, wie sollen sie lernen, an sich selbst zu glauben?“ Die Nachhilfe muss sich am Kind orientieren. Omarow macht nicht einfach nur Hausaufgaben mit den Kindern, sie übt auch nicht für die laufenden Tests. Sie fängt da an, wo jedes Kind steht.

„Man darf nicht irgendwie mal rumdoktern, mal dieses oder jenes machen. Man muss wirklich Lerntherapie und ein individuelles Lerntraining erarbeiten. Wenn das Kind Schwierigkeiten mit Silben hat, fange ich da an. Oder wenn es die Zehnerzerlegung für Mathe noch nicht kann, fange ich da an.“

Viele glauben, dass Legasthenie oder eine LSR nicht überwindbar sind. Das ist nach Meinung von Omarow falsch. Ganz viele Kinder, die zu ihr kommen, haben zwar Schwierigkeiten in Mathe und Deutsch, aber die meisten Kinder haben keine Legasthenie oder Dyskalkulie.

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Den meisten Kindern fehlen schlicht und ergreifend die Grundlagen. Und das liege wahrscheinlich daran, weil die ihnen in der Schule zu schnell und zu oberflächlich beigebracht worden seien, sagt sie. Und hier beginnt Omarow; sie macht Grundlagenarbeit.

Beispiel Mathe: „Es ist so wichtig, dass den Kindern die richtigen Rechenwege erklärt werden. Es gibt Rechenwege, die zu einer Rechenschwäche führen. Dann hassen die Kinder Minusrechnen. Und darüber muss man die Eltern aufklären. Oder wenn sich Kinder weigern zu lesen oder zu schreiben. Das hat natürlich eine Ursache. Die Kinder sind nicht faul.“

Viele Eltern seien der Meinung, ihr Kind sei faul und würde immer fauler. „Ihr Kind ist nicht faul“, antwortet sie dann. „Es ist bereits in einer Phase der Anstrengungsvermeidung. Und diesen Begriff kennt auch kaum jemand.“ Bei ihren Kongressen klärt Omarow also über die Ursachen dieser Probleme auf. Und sie gibt schließlich Anleitungen, wie man zum Beispiel mit neuesten Lernmethoden gegen eine Rechtschreibschwäche üben kann. „Da gibt es inzwischen so schöne Sachen. Die aber werden kaum in den Schulen angewendet.“

„Ich habe die Unterlagen genau für jedes Kinder hergestellt. Und je nachdem, was es braucht, passe ich sie an. Ich habe die Arbeitsblätter entwickelt. Denn manche Kinder brauchen für manche Themen länger und für andere weniger Zeit.“

Sind die Schulen zu starr? „Es ist in den Schulen so viel im Argen, dass man den Lehrern gar keinen Vorwurf machen kann: zu wenig Personal, zu starre Strukturen, schlechte Ausbildung, schlechte Didaktik, keine Fortbildungspflicht oder wenn, dann sind sie schlecht. Und genau hier setze ich an.“

Denken Sie denn, dass Sie Ihren Ansatz schließlich in die Schulen tragen können? „Ja natürlich, deshalb mache ich den Kongress ja auch. Beim letzten Mal haben Lehrer, ja sogar eine ganze Schule teilgenommen. Das fand ich richtig toll. Die haben vieles mitgenommen und sie wollen nächstes Jahr, beim dritten Kongress, wieder dabei sein.“

Sabine Omarow lässt nämlich nicht locker. Lernen müsse Spaß machen und es kann Spaß machen. Wenn man ohne Druck arbeitet und dem Kind ausreichend Zeit gebe, dann würden die Kinder ihre Schwächen
überwinden.

Alles in allem lautet Omarow’s Credo: Individuelle Lerngeschwindigkeiten mit individuellen Methoden helfen den Kindern LSR zu überwinden. Sie nutzt nie vorgefertigte Arbeitsmaterialien, nur ihr eigenes Material. „Ich habe die Unterlagen genau für jedes Kinder hergestellt. Und je nachdem, was es braucht, passe ich sie an. Ich habe die Arbeitsblätter entwickelt. Denn manche Kinder brauchen für manche Themen länger und für andere weniger Zeit.“


Ich versuche mit Jugendämtern zusammenzuarbeiten.

Wie schätzen Sie ihre Erfolgsquote ein? „Die liegt bei fast 100 Prozent.“ Aber es ist ein Privatvergnügen, das sich nicht alle Eltern leisten könne, oder? „Das ist richtig, das ist das größte Problem. Mich können sich nur Eltern leisten, die Geld haben. Bis jetzt. Ich versuche mit Jugendämtern zusammenzuarbeiten. Sodass das die Jugendämter mir Schüler zuweisen. Aber das ist sehr schwierig. Ich würde auch gerne an Universitäten gehen und die zukünftigen Lehrer ausbilden. Aber da kommt man sehr schwer rein. Das ist fast unmöglich.“

Woran liegt das denn? „Meiner Meinung nach liegt dass daran, weil ich selbstständig bin und von außen komme. Deswegen mache ich den Kongress, damit ich alle Interessierten erreichen kann.“

Wie kamen Sie zu Ihrer Berufung? „Meine Kinder waren betroffen. Meine Tochter hatte große Probleme schon in der Grundschule und mein Sohn hatte auch Probleme, aber in die andere Richtung. Der ist hochbegabt und kam deshalb nicht mit der Schule klar. Und so musste ich mich mit diesem Thema viele Jahre beschäftigen. Also mit Rechenschwäche, LSR und Hochbegabung gleichzeitig. Und damals war ich nur unterwegs, um herauszubekommen, wie ich meinen Kindern helfen könnte. Die Lehrer hatten keine Ahnung, rieten mir sogar, meine Kinder auzusortieren. Dagegen habe ich gekämpft und eine Selbsthilfegruppe gegründet. Als meine Kinder dann in der neunten und zehnten Klasse waren, brauchten sie mich nicht mehr. Zufälligerweise wurde ich in dieser Zeit arbeitslos. Ich wollte aber nicht vom Arbeitsamt abhängig sein und so entstand die Idee, mich mit genau der Thematik selbstständig zu machen, mit der ich mich jahrelang beschäftigt hatte. Jetzt wollte ich anderen helfen, denn ich wusste ja selber, dass der Bedarf riesig war und ist. So studierte ich noch mal zwei Jahre Psychologie. Und nun setze ich mich seit 16 Jahren für meinen Traum ein.“

Infos zum Online-Kongress – Sabine Omarow behandelt mit vielen Expertinnen und Experten folgende Themengebiete während des Kongresses. Sie diskutieren, was überhaupt eine LRS (Lese-Rechtschreibschwäche) und Rechenschwäche sind und wie man sie erkennen kann. Sie geben Hinweise, ob vielleicht fehlende Konzentration die Ursache ist. Oder welche Einflüsse Stress und Angst haben. Außerdem wird erörtert, inwiefern spielerisch geübt werden könnte und welche Methoden es hier gibt. Was Eltern vermeiden sollten, wenn ein Kind Lernprobleme hat und wie vorzubeugen ist. Und vor allem: Wie kann entspannteres und harmonisches Lernen gelingen?

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