Personaler - Foto © DDRockstar-stock.adobe.com
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Die einen nennen es Health Management-Konzepte, andere Unternehmen Fitnessangebote oder Stressmanagement-Programme, doch wollen beide Gruppen dasselbe: die Zufriedenheit und damit auch den Krankenstand gering halten. Diese Ambition lässt Unternehmen erfinderisch werden.

Auch Hierarchien können bei der Zufriedenheit eine Rolle spielen. Dann nämlich, wenn die Mitarbeiter hinsichtlich sozialer Kompetenz ihrer Führungskraft Defizite feststellen.

Man installiert Gesundheitsförderprogramme, pflanzt Yoga-Kurse und macht sogar eigens Swimmingpools, Tennisplätze und Saunalandschaften mittels Rabattaktionen für die eigene Mitarbeiterklientel zugänglicher. Was sollen all diese Investitionen, mögen sich dabei so manche Angestellte fragen – zum Beispiel Handwerker, Reinigungs- und Servicekräfte. Ihr Joballtag besteht aus körperlicher Arbeit.

Was ist los mit den Personalabteilungen?

Erkennen sie nicht wirklich, was ihre Schäflein wollen oder liegt es an den Schäflein, die das Bein nicht wertschätzen, das sich ihr Arbeitgeber mit all diesen Programmen für sie ausreißt, um sie zufrieden zu machen? Kann es sein, dass beide Seiten eine Kommunikationsblockade zu überwinden haben?

Die Hochschule Fresenius wollte dem ganzen Problem auf den Grund gehen und hat 180 Mitarbeiter/innen aus Handwerk, Personentransport, Reinigung und Service befragt. Ergebnis: Die Programme adressieren nicht die dringlichsten Probleme. Professor Sabine Hammer fasst diese nämlich so zusammen:

„Die Mitarbeiterinnen haben mehr und mehr das Gefühl, dass Einsatz und Ertrag nicht mehr stimmen.“

Wenn bestimmte Grundlagen bezogen auf die eigene Arbeitssituation nicht da sind, haben Mitarbeiterinnen auch wenig Interesse an Fitnessangeboten ihres Arbeitgebers. Denn die Zufriedenheit würde von den Faktoren Anerkennung und Wertschätzung geprägt. „Und wenn dieses Verhältnis in Schieflage geraten ist, wirkt das demotivierend und beeinflusst das psychische Wohlbefinden.“

Anita Saathoff vom Marktforschungs- und Beratungsunternehmen 2HMForum sieht das ähnlich. Sie hat eine Studie (Mitarbeiterfocus Deutschland) vorgestellt, aus der sie schlussfolgert: „Viele Unternehmen haben noch nicht verstanden, dass sie nicht immer mehr in die Zufriedenheit ihrer Mitarbeiter investieren müssen, sondern vor allem in die emotionale Bindung.“ Und ihr Kollege Roman Becker geht in eine ähnliche Richtung: „Mitarbeiter/innen wollen mehr Anerkennung und Aufmerksamkeit – und dies ist zentrale Aufgabe der Führungskräfte“. Er hat analysiert, dass 72 Prozent der gelobten Beschäftigten ihren Arbeitgeber wiederwählen und 77 Prozent sogar bei ihm bleiben würden. Er fand auch heraus, dass die, denen in einem Mitarbeitergespräch zugehört wird, motivierter sind.

Hat es am Ende doch was mit Identifikation zu tun? „Ja“, sagt Professor Hammer. Wenn Vorgesetzte nicht gewährleisten, dass sich ihre Mitarbeiter damit identifizieren können, was sie tun, und nicht wissen, ob sie überhaupt gebraucht würden beziehungsweise ob ihr Einsatz auch gesehen werde, dann wirke sich das langfristig schädlich auf deren gesamte Gesundheit aus. „Hinzu kommt auch, dass der Effizienzdruck tatsächlich zunimmt. Das haben alle so beschrieben.“ Je höher die Belastung wird, umso weniger werden psychosoziale Bedürfnisse der Mitarbeiter berücksichtigt.

All das sowie der Trend, Ressourcen zu streichen bei gleichbleibender Arbeitsmenge mache es Angestellten morgens sehr leicht, zu Hause zu bleiben, wenn sie sich nicht wohl fühlen. „Der Arzt schreibt einen immer krank.“ Und nun – was tun? Sabine Hammer und ihr Team haben einen Maßnahmenkataloge vorgeschlagen.

Sensibilisieren – Die Führungskräfteebene muss sensibilisiert werden für den Umgang mit ihren Mitarbeitern. Ein Handwerksmeister braucht keine transformalen Führungskonzepte, sondern eher ein echtes Ohr für seine Bedürfnisse.

Dezentralisieren – Nach Möglichkeit sollte jeder einen Ansprechpartner im Team haben. Der Trend zu zentralisierten Prozessen wirkt sich negativ auf die Stimmung der Mitarbeiterinnen aus. Das Forscherteam empfiehlt feste und kleine Arbeitsteams mit einem festen Ansprechpartner, an den jeder alles adressieren kann. Auch wer seine Führungskraft nie oder nur selten sieht, ist frustriert.

Mitsprechen: Die Mitsprache bei den Arbeitszeiten ist wichtig. Wer in Wechselschichten tätig ist, unterliegt einigen Risikofaktoren wie unregelmäßigem Lebensrhythmus oder wechselnden Schlafintervallen. Die Bewältigung dieser Probleme fällt leichter, wenn die Betroffenen bei der Entscheidung über die Schichtenverteilung mitsprechen können. So haben sie das Gefühl, involviert und gehört zu werden, um nach den eigenen Bedürfnisse (wo es möglich ist) zu arbeiten. Ein: Du musst und fertig – wirkt verstörend und demotivierend.

Und hier zum Abschluss noch eine Binse: Auch Hierarchien können bei der Zufriedenheit eine Rolle spielen. Dann nämlich, wenn die Mitarbeiter hinsichtlich sozialer Kompetenz ihrer Führungskraft Defizite feststellen. Beispielsweise wenn der Druck einfach nur nach unten weitergegeben wird, entsteht Unzufriedenheit. Dann haben die Angestellten (berechtigte) Zweifel an der Kompetenz ihrer Führungskraft als Vorgesetzte.

Fazit: Fitness und -Ernährungsangebote sind sinnvoll. Aber die Personalabteilungen sollten gut überlegen, wem sie diese anbieten. Es sei immer zu fragen, welche Mitarbeiter welche Maßnahme als adäquat empfinden. Nur um irgendetwas zu tun, um des Tun willens, sei zu wenig.