Fliegen Pilz - Josef Hanel, copyright Botanisches Museum der Universität Zürich
Fliegen Pilz - Handkoloriert von Josef Hanel, copyright Botanisches Museum der Universität Zürich

Über die Glasdias von Josef Hanel – „Hochschullehre lebt vom Objekt und nicht von Powerpoints alleine“, findet Christiane Jacquat Archäobotanikerin und emeritierte Museumskuratorin des Botanischen Museums der Uni Zürich, und springt mit diesem Satz in einen außergewöhnlichen Fund und in ein außergewöhnliches Thema: Die Glasdias von Josef Hanel. Sie sind ein Beispiel für zwei Dinge. Erstens dafür, wie Botaniklehre vor 100 Jahren aussah. Und zweitens, dass auch vor 100 Jahren Botaniklehre nicht vom reinen Naturobjekt lebte, sondern „andere“ Wege suchte, um gelehrt zu werden: den der handkolorierten Glasdias.

Vielleicht waren das die Anfänge des Pilzesammelns, zumindest wurde damals die erste Gesellschaft für Mykologie gegründet.

Wie entsteht ein buntes Glasdiapositiv für die Botaniklehre? Das Botanische Museum hat dazu einen Film angefertigt. Er erläutert in 8 Minuten, wie aus einem schwarzweiß Diapositiv ein durch Handkoloration mit Farben aus Eiweißlasuren, Lupe und Marderhaarpinseln ein buntes Diapositiv wird. 

Das, was Jacquat irgendwie rein zufällig in fünf Kisten im Keller ihres Instituts fand, ist, wenn man so will, eine frühe Form der Digitalisierung von Naturobjekten. „Zuerst dachte ich, dass ich fünf Kisten mit den ersten Farbfilmen gefunden hätte. Ich zog also unseren Fotografen zu Rate.“ Und der war sich sicher: Sie hatte keine Filme, sondern handkolorierte Glasplatten gefunden, die der botanischen Lehre Anfang des 20. Jahrhunderts dienten.

Jacquat war von der außergewöhnlichen Schönheit dieser Dias fasziniert und machte sich auf den Weg, um alles über sie herauszufinden. Der Urheber war Österreicher, lebte Anfang des 20. Jahrhunderts, hieß Josef Hanel und war viele Jahre ein Mitarbeiter von Hans Schneck, Professor für Mykologie (Pilzkunde) an der Akademie für Landwirtschaft und Brauereien Weihenstephan in München.

Hier gibt es weitere Informationen zur Ausstellung im Tessin vom 7. April bis 11. August.

Vermutlich war es der erste Weltkrieg, der zu Hanel’s großer Stunde wurde. Denn sein Kollege, Pilzforscher Professor Schneck, hatte damals erkannt, dass Pilze sehr nahrhaft waren und die Idee gehabt, der deutschen Bevölkerung sie zu essen ans Herz zu legen. Schneck publizierte Broschüren, die der sehr armen Bevölkerung beim Finden der ungiftigen helfen sollten, was nicht immer gelang.

Unserem Digitalisierungswahn sei Dank – Warum lagen die Dias im Keller eines Museums, wenn sie so wertvoll sind, Frau Jacquat?  „In den 90er Jahren musste ja alles digitalisiert werden, das war eine unglaubliche Welle. Vieles landete damals einfach in den Kellern von Instituten.“

Denn schwarzweiße Abbildungen führten leicht zu fatalen Verwechslungen. „Und hier kam Hanel mit seinem außergwöhnlichen Talent ins Spiel“, sagt Jacquat. Vielleicht waren das die Anfänge des Pilzesammelns, zumindest wurde damals die erste Gesellschaft für Mykologie gegründet.

Christiane Jacquat - Foto Gianni Bertossa, copyright Botanisches Museum der Universität Zürich
Christiane Jacquat – Foto Gianni Bertossa, copyright Botanisches Museum der Universität Zürich

Hanel hatte sich somit in wissenschaftlichen Kreisen einen Namen gemacht. Was er tat, taten viele. „Aber Hanel war der beste“, sagt Jacquat. Über ihren Fund hat Jacquat jetzt ein Buch verfasst hat. Auf fast 300 Seiten beschreibt sie mit 230 Farbfotos Hanels Werk: „Die Pflanzenbilder des I.H. – Eine rätselhafte Sammlung handkolorierter Glasdiapositive, ISBN 978-3-03902-000-3. Das Buch wurde beim Deutschen Gartenbuchpreis mit dem 2. Rang in der Katerogie «Bestes Bildbuch» ausgezeichnet.

Josef Hanel, copyright Botanisches Museum der Universität Zürich
Handkoloriertes Glasdiapositiv von Josef Hanel, copyright Botanisches Museum der Universität Zürich