Foto ©Liddy Hansdottir - stock.adobe.com
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Das Internet ist voll von ratgebenden Seiten – zu allen möglichen Themen. Über eine Seite sind wir allerdings gestolpert, die unsere Aufmerksamkeit geweckt hat. Der Herzinfarkt Blog von Petra Ellen Reimann. Ihr Introsatz lautet: Jetzt wird alles anders. Und das klingt spannend. Es klingt so, als habe man etwas in der Hand zu verändern nach einem Herzinfarkt. Als seien die Karten nicht schon gemischt, als sei vielleicht auch die Angst vor einem neuen irgendwie zu überwinden. Wir sprachen mit ihr, der Expertin in Sachen Krankheiten. Sie hatte selber zwei Herzinfarkte und war viele Jahre Krebspatientin. Auch ihr Mann ist in sehr jungen Jahren an einem Herzinfarkt gestorben.

„Ich streite keinem mehr hinterher.“

Warum macht eine wie Petra Reimann einen Blog zu diesem Thema? Hatte sie nicht genug von schweren Dingen? Ja, hatte sie. Und deshalb nahm sie sich vor, Licht ins eigene Dunkel zu bringen mit positiven Impulsen. Und was bot sich da besser an als das Internet daselbst? Denn nach ihrem zweiten Herzinfarkt habe sie relativ viel Zeit gehabt, wie sie sagt. Sie wollte sich mit Betroffenen austauschen und suchte Selbsthilfegruppen oder sonstige Möglichkeiten des Kontaktes, um nicht nur über den organischen Aspekt zu sprechen, sondern über den Psychischen. Und als sie sich auf die Online-Suche begab, merkte sie, dass es wirklich viele Informationsquellen gab, aber die waren mehrheitlich von ärztlicher Seite aus initiiert. Nie traf sie auf persönliche Erfahrungswerte. Das war ihr Initialimpuls.

„Warum nicht einfach an die Öffentlichkeit gehen und mit Betroffenen in Kontakt zu kommen?“ Sie wollte für die anderen da sein. Sie dachte, sie könnte andere an ihren Erfahrungen teilhaben lassen. „Sie sollten die Möglichkeit bekommen, die mir gefehlt hatte, mir nämlich eine Mail zu schreiben, um zu fragen, wie es bei mir war, was ich gemacht habe und wie ich damit umgegangen bin. Gerade auch von Frau zu Frau.“

Und so kann sie ihren Weg mit anderen teilen und beschreiben, wie sie sich jetzt verhält. Denn das Kümmern darum hört ihrer Meinung nach nie auf. Nach einem Herzinfarkt beschäftige man sich immer mit der eigenen Lebensweise – ständig. Und so ist sie immer dabei, Neues auszuprobieren und ihre Leser/innen an den Ergebnissen ihrer eigenen Experimente in Sachen Ernährung zum Beispiel teilhaben zu lassen. Es geht aber auch um den Kopf. Gedanken zu denken, die positiv sind. Auch der Kopf müsse gesünder werden, lacht sie. Denn man brauche viel Optimismus, um nach nach vorne zu schauen. Ein Spaziergang war es nicht für sie.

Herzinfarkt - auch eine Quelle für Neues
Quelle für Neues

Und so sagt sie: „Es freut mich, wenn sich Menschen bei mir melden. Und wenn ich helfen kann, wenn jemand niedergeschlagen ist. Sich zu erzählen, wie es einem selber ergangen ist. Denn es war nicht alles gleich wieder gut. Nach dem zweiten ging es mir ziemlich schlecht. Wenn ich jemandem mit meinem eigenen Weg zeigen kann, dass es weiter geht und dass es auch wieder besser wird, das motiviert mich sehr.“

Seltsamerweise hatte Petra Reimann nie Angst vor einem Herzinfarkt gehabt. Einen zu bekommen war so weit weg für sie, wie im Lotto zu gewinnen. Das hatte sie nie in Betracht gezogen. Möglicherweise auch, weil sie schon Krebs hatte. Kann sein, dass man dann denkt, man habe das Maximale schon erhalten. Aber auch deshalb nicht, weil sie nie zur Zielgruppe gehört hatte. Kein Übergewicht, keinen diagnostizierten hohen Blutdruck, keine Raucherin. Der erste hatte sie vollkommen aus heiterem Himmel heraus erwischt. Niemand wusste, woher der gekommen war. Erst später hat sich ein Zusammenhang bei ihr herausgestellt, der zugleich einfach und schwer zu finden war. Es war dann doch ein hoher Blutdruck, der sich aber nur phasenweise bei ihr eingestellt hatte. Sein Symptom war wöchentliche Migräne. Sie weiß heute, dass, wenn man sie nicht auf Migräne, sondern auf hohen Blutdruck behandelt hätte, es keinen Blog namens Herzinfarkt gäbe, denn dann hätte sie tatsächlich nie einen bekommen.

Und so optimiert sie ihre Lebensweise im Selbstversuch stets weiter. Sie probiert ständig etwas Neues aus und schaut, wie ihr Körper darauf reagiert. Steigen ihre Werte tatsächlich bei guter Ernährung? Natürlich hat sie kein Labor zuhause, mittels dessen sie sich inspiziert. „Wenn man einmal einen Herzinfarkt hatte, kommt man in ein so genanntes Kardioprogramm. Da wird ständig das Blut ausgewertet. An diesen Werten erkenne ich, ob sich meine Lebensweise gut auswirkt oder nicht. Im Moment experimentiere ich mit Intervallfasten rum. Seit ich das tue, haben sich bestimmte Werte deutlich verbessert.“

Gleiches gilt beispielsweise für ihre Ingwer- und Kurkuma-Experimente. Oder ihr Kapitel über Wildkräuter und Avokadokerne. Sie kann genau schauen, ob bestimmte Rezepte, die sie ausprobiert, tatsächlich auf bestimmte Zustände im Körper einwirken oder nicht. Und diese Erfahrungen teilt sie auf ihrem Blog. Jede Ernährungsumstellung wird ihr auch bei den Untersuchungen wiedergespiegelt. „Und das ist der Stoff meiner Geschichten und Berichte.“

Warum dreht sich in ihrem Blog eigentlich alles um den Herzinfarkt und nicht auch um Krebs, wollten wir wissen. „Das Krebskapitel ist für mich abgeschlossen. Ich galt nach drei Operationen und weiteren sieben Jahren Kontrolle als gesund. Da kann ich nichts verbessern. Beim Herzinfarkt kann ich meine Lebensweise ändern. Aber nicht bei einer Krebserkrankung. Ich will diese schwere Zeit nicht in der Öffentlichkeit ausbreiten. Sie soll ruhen.“

Wie denkt sie jetzt?

Sie ist kein spiritueller Mensch. Sie glaubt nicht an die Sterne. Das sagt sie mit einem Lachen in der Stimme. Sie glaubt, dass das Denken das Handeln beeinflusst. Und so denkt sie nur Gutes. Versucht sie zumindest. „Auch wenn es manchmal schwerfällt. Ich habe mich im Laufe der Jahre damit beschäftigt, was ich vom Kopf her tun kann. Ich bin davon überzeugt, dass positives Denken wirklich die Selbstheilungskräfte erweckt.“ Und so durchdenkt sie gewisse Dinge gar nicht erst. Für sie trifft der Satz zu: Was ich nicht denke, passiert mir auch nicht. „Aber spirituell bin ich nicht.“

Und der Tod?

„Da bin ich noch zu keinem Ergebnis gekommen“, lacht sie. Obs danach weitergeht, hoffe sie wie jede, aber sie wisse es genauso wenig wie jeder andere auch. „Ich denke, alles ist irgendwie Energie. Wir können es momentan nicht feststellen, doch ich kann mir vorstellen, dass mit der Seele was nach dem Tod passiert. Dass die körperliche Hülle zwar verschwindet. Aber was den Menschen ausmacht, das bleibt – vielleicht. Es wäre wünschenswert, wenn es weiterginge in irgendeiner Form“, sagt sie.

Und so geht sie ihren Weg weiter – auch für andere. Kleine Probleme hat sie sich abgewöhnt. Streiterein findet sie dämlich. Menschen haben ihre Fehler. Und Menschen respektiert und akzeptiert sie mit all ihren Ingredienzien. „Ich versuche, keinen zu ändern, weil ich weiß, es geht sowieso nicht. Und die Energie, die ich dafür bräuchte, um mich irgendwo durchzusetzen, was aber dem Leben eigentlich nicht mehr Positives gibt, ist mir zu schade.“

Sie sagt abschließend einen schönen Satz: Ich streite keinem mehr hinterher. Und damit endet die Vorstellung von Petra Reimann, einer sehr sympathischen Frau mit Herz und viel Lust am Leben.

Danke Petra Reimann!