
Aufgrund anhaltender internationaler politischer Konflikte sei auf zusätzliche Forderungsrisiken für die Lieferanten und Dienstleister der Automobilbranche hinzuweisen. Die Unsicherheiten werden sich in vielen großen Automobilmärkten noch einmal verschärfen, wenn die USA Zölle auf den Import von Fahrzeugen und Komponenten aus der Europäischen Union erheben. Das ergab der aktuelle Markt Monitor „Automotive“ vom Kreditversicherer Atradius.
Auch dürften sich die Risiken für Zahlungsausfälle und -verzögerungen in den Automobilmärkten erhöhen, wenn sich der Handelsstreit zwischen den USA und China weiter zuspitzt. Den stärksten Gefahranstieg für Insolvenzen wiederum sieht Atradius derzeit bei Großbritanniens Automobilbranche. Ursache hierfür sind die anhaltenden Brexit-Unwägbarkeiten.
„Die Verunsicherungen durch die US-Handelspolitik und den Brexit treffen die Automobilindustrie in einer eh schon herausfordernden Phase“, sagt Michael Karrenberg. „Die zahlreichen neuen Technologien, die sich wandelnden Ansprüche der Käufer und die notwendige Reduktion des CO2-Ausstoßes werden auf absehbare Zeit große Auswirkungen auf den Markt haben und erhöhen vor allem den finanziellen Druck bei kleinen und mittleren Zulieferern, die leicht ersetzbare Standardkomponenten herstellen und häufig von einem Autohersteller abhängen. Durch die drohenden politischen Unsicherheiten erhöht sich das Forderungsrisiko in der Automobilindustrie jetzt noch einmal zusätzlich.“
Sollte die US-Regierung die Importsteuern auf Autos und Autoteile aus der Europäischen Union, wie zuletzt angekündigt, einführen, würde das das Zahlungsrisiko der Automobilbranchen Großbritanniens, Deutschlands, Italiens und der Slowakei besonders stark beeinträchtigen. Hintergrund ist, dass die USA für mehrere große Hersteller und Zulieferer aus den vier europäischen Ländern einer der wichtigsten Absatzmärkte sind.
Auch in der Automobilbranche der USA selbst dürfte im Falle von Zöllen auf EU-Fahrzeuge und -Komponenten das Forderungsausfallrisiko steigen: Die US-Verbraucher würden die Zölle infolge höherer Kaufpreise bei nahezu allen Anbietern zu spüren bekommen, da auch für die im Land produzierten Autos Komponenten aus Europa benötigt werden. Frankreichs und Spaniens Autobranche dürften hingegen nur geringfügig von möglichen US-Autozöllen betroffen sein.
China – Der sich zuspitzende Handelskonflikt zwischen China und den USA hat die Geschäfte der chinesischen Automobilwirtschaft bislang wenig beeinträchtigt. Eskaliert der Streit der beiden Großmächte allerdings weiter, rechnet Atradius damit, dass sich auf absehbare Zeit auch das Konsum- und Investitionsklima in China spürbar eintrübt. In der Folge würden sich die Zahlungsrisiken verschiedener chinesischer Branchen erhöhen, darunter auch das der chinesischen Automobilwirtschaft. Japans Autoindustrie würde durch eine Eskalation des US-chinesischen Streits ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen werden: Das Reich der Mitte ist Japans größter Exportmarkt. Wenn sich das Konsumklima Chinas verschlechtert, ist von einer geringeren Nachfrage in einer der Schlüsselindustrien des Landes auszugehen.
Großbritannien – Unter allen Automobilmärkten sieht Atradius den unmittelbar größten Anstieg der Forderungsrisiken in Großbritannien. Angesichts der aktuell rückläufigen Produktions- und Verkaufszahlen von Automobilen im Vereinigten Königreich rechnet der Kreditversicherer in den kommenden sechs Monaten mit deutlich zunehmenden Zahlungsausfällen und -verzögerungen in der britischen Automobilbranche. Als Ursache für die schwächelnde Nachfrage der Briten sehen die Atradius-Risikoexperten die Verunsicherung in der Bevölkerung angesichts der weiterhin ungewissen Ausstiegsmodalitäten aus der Europäischen Union. Darüber hinaus belasten Großbritanniens Pläne, den CO2-Ausstoß zu reduzieren, die Nachfrage nach Automobilen mit Verbrennungsmotoren. Unter anderem hat Großbritannien angekündigt, ein Verkaufsverbot für Benzin- und Dieselautos ab dem Jahr 2040 einzuführen.
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